Für viele eingefleischte Fans der „Haie“ des ERC Haßfurt war und ist es wohl ein seltsames Gefühl, dass sie am zweiten Wochenende nacheinander, nachdem zuvor auf Grund des Deutschland-Cups spielfrei war, erneut kein Oberligaeishockey in der Kreisstadt zu sehen bekamen sowie auch nicht mehr bekommen. Nachdem die Vereinslichter entgültig erloschen sind, müssen sie sich mindestens ein Jahr gedulden, um die schnellste Mannschaftssport im Stadion am großen Anger zu sehen.
Und um Punkte könnte es in der Saison 2005/2006 nur gehen, wenn ein Nachfolgeverein gegründet werden sollte. „Sechs bis acht Wochen dauert es in der Regel, bis ein neuer Verein spielen kann“, ließ Rudi Häberlein, Vertrauensmann beim Bayerischen Eissportverband (BEV), inzwischen verlauten. Und der müsste ganz unten beginnen, sprich in der Bezirksliga. Zudem könnten die beiden Partien der ERC-Knaben am Samstag gegen Pegnitz (7:5) und der Schüler gegen Bad Kissingen am Sonntag (4:3) die letzten der Nachwuchsabteilung inklusive der 1b, der Spielgemeinschaft der Junioren mit Schweinfurt sowie der Eiskunstlaufabteilung mit insgesamt derzeit rund 140 Aktiven gewesen sein – jedenfalls unter dem Namen ERC. Die Statuten des BEV besagen, dass im Falle eines mangels Masse abgewiesenen Insolvenzantrages – wovon im Falle des ERC Haßfurt auszugehen ist - die Mitgliedschaft und damit auch die Spielberechtigung im BEV sofort erlischt. „Das ist bitter“, räumt der Nürnberger einerseits ein. Auf der anderen Seite müsse „einfach einmal eine Grenze gezogen werden. Wir haben diesen Passus letztes Jahr erst in die Satzung aufgenommen." Deshalb, weil immer mehr Vereine Insolvenz anmelden müssten.
Ob der Vorwurf Häberleins gegenüber der Eishockeyspielbetriebsgesellschaft (ESBG) gerechtfertigt ist, wenn er von „Irrsinn“ spricht, weil fränkische Vereine wie Haßfurt, Bayreuth, Schweinfurt oder Höchstadt in den Norden „gezwungen“ werden, um dort Ligen voll zu bekommen, ist zumindest in diesem Zusammenhang fraglich. Immerhin verwehrt es der BEV in seiner Satzung Vereinen, sich freiwillig in die Bayernliga zurückzuziehen, um auf Grund der zu erwartenden hohen Kosten nicht in die Gefahr einer Insolvenz zu kommen. Die einzige Alternative heißt Bezirksliga. „In die Landesliga kann man nur, wenn dort ein Verein fehlt."
Traurig und wütend über die ganze Entwicklung ist nicht zuletzt Felix Brunschwiler. „Es ist traurig, dass die Kinder für das bestraft werden, was die Alten verbockt haben", ärger sich Haßfurts hauptamtlicher Nachwuchstrainer über das Verhalten der Funktionäre und fragt sich, warum der ERC keine Ausnahmegenehmigung bekommen würde. „Die reden doch immer davon, dass der Nachwuchs gefördert werden soll", erbost sich der Schweizer. Auch ein Gespräch von Haßfurts Bürgermeister Rudi Eck mit Häberlein konnte übrigens nichts am bevorstehenden Zwangs-Ende für die Kinder ändern. Er empfindet es als „besonders schlimm“, dass auch der gesamte Nachwuchs den Spielbetrieb einstellen muss.
Derweil steht das Stadtoberhaupt nach wie vor hinter der Vergabe des 20 000 Euro-Kredits an den Verein im Frühjahr diesen Jahres, wenngleich das Geld nun verloren ist. „Ich bleibe dabei, dass diese Entscheidung richtig war“, wehrt sich Eck gleichzeitig gegen Vorwürfe einiger Stadträte die davon sprachen, der Strompreis müsse ob des Ausfalls nur erhöht werden. Dies sei „empörend“ und werde „nicht geschehen.“ Falls ein neuer Klub gegründet werden sollte, signalisierte er bereits Unterstützung seitens der Stadt, die mit dem ERC „das wichtigste sportliche Aushängeschild" verliere. „Es wird wohl Jahre dauern, bis ein Haßfurter Sportverein wieder Woche für Woche bis zu 1000 Zuschauer mobilisiert."
Mittlerweile kommt langsam konkreteres Licht in den dichten „Dschungel“, wie es zum Zusammenbruch des ERC kommen konnte. Bereits im Frühjahr anlässlich der großen Rettungsaktion zugesagte Sponsorengelder zur Tilgung der vorhandenen Altschulden in sechsstelliger Höhe gingen nicht auf das Vereinskonto ein. Gläubiger, die trotz eines Teilverzichts erneut auf ihre Außenstände warteten, konnten nicht befriedigt werden. Das hatte zur Folge, dass getätigte Zusagen auf einen Nachlass wieder zurückgenommen wurden und der Schuldenberg wieder größer wurde. Lediglich einen Bruchteil konnten die Verantwortlichen mittels der (Zuschauer)einnahmen aus der laufenden Saison 2004/2005 begleichen. Die noch ausstehenden Gehälter aus der Vorjahresspielzeit wurden allerdings immer noch nicht bezahlt. Der „Traum“, die ausstehenden Gelder durch neue Sponsoren, mit denen es zahlreiche sowie vor allem lange Gespräche und Verhandlungen gab, zu schließen, zerplatzte. Namen werden nach wie vor nicht genannt.
Darüber, dass er wie auch andere Vorstandsmitglieder selbst Geld im Verein stecken hat und vermutlich einen deutlichen fünfstelligen Euro-Betrag verlieren wird, darüber will Stefan Kagerer nicht reden. „Wichtig ist“, sagt der Ex-Trainer und Manager, „dass wir in weiser Voraussicht die 10 000 Euro, für die Fans gebürgt haben, nicht angerührt haben. Die sind sicher."
Das Ausscheiden des ERC Haßfurt aus dem Spielbetrieb der Oberliga Nord ist bitter und stimmt sicher nachdenklich!" Mit diesen Worten kommentierte der Geschäftsführer der Eishockey-Spielbetriebs-Gesellschaft (ESBG) den wirtschaftlichen Rückzug der Unterfranken (wie gemeldet) und leistete am KURIER-Telefon gleichzeitig Aufklärungsarbeit: "Es bleibt dennoch beim sportlichen Absteiger aus der Oberliga."
Welch Ironie