26. Spieltag: Hannover 96 - Borussia Mönchengladbach
Enke - Cherundolo, Mertesacker, Zuraw, Tarnat - Schröter, Vinicius, Krupnikovic, But - Paunovic, Leandro.
Ersatz: Juric - Kaufman, Stajner, Stefulji, Halfar, Wallner, Schneider
Es fehlen: Dabrowski, Christiansen, Stendel, Barnetta (verletzt), Lala, de Guzman (gesperrt)
Keller - Fukal, Moore, van Kerckhoven, Jansen - Kluge, Thijs, Broich, Böhme - Sonck, Neuville.
Ersatz: Melka - Daems, Sverkos, Strasser, Ulich, van Hout, Demo.
Es fehlen: Ziege, Elber (verletzt)
Schiedsrichter: Markus Schmidt (Stuttgart)
Assistenten: Detlef Scheppe, Harry Ehing
4. Offizieller: Matthias Anklam
Borussia:
Konnte man sich in der Vergangenheit wenigstens zwei Wochen von den stets unsäglichen Arbeitsverweigerungen unserer Borussen auf fremden Plätzen erholen, so zwingt uns der gnadenlose Spielplan der DFL dieses Mal schon nach einer Woche zu einer Wiederholung der qualvollen Tortur. Der Ärger über das unmotivierte, armselige Gekicke vom letzten Samstag in der Pfalz ist kaum verraucht. Genau genommen war es das fünfte Spiel in Folge, in dem sich die "neue Borussia" in gleicher Verfassung präsentierte, mit der man streng genommen keine Berechtigung haben sollte, am professionellen Fussball teilnehmen zu dürfen. Bei den Niederlagen in Bremen und gegen Schalke konnte man sich noch damit rausreden, auf einen übermächtigen Gegner getroffen zu sein. In Rostock wurde das 0:0 bei der heimschwächsten Mannschaft der Liga als Punktgewinn schön geredet. Und gegen Wolfsburg war es ein Geniestreich des eingewechselten Vaclav Sverkos, der uns gar einen 1:0-Heimsieg bescherte. Am vergangenen Samstag half uns der Fussballgott nicht ein weiteres Mal aus, trotz einer unterirdischen Leistung zu Punkten zu kommen. Gegen eine ebenso einfallslose Lauterer Mannschaft kam Borussia wieder einmal kaum zu einer Torchance und war offenbar nur darauf bedacht, irgendwie unbeschadet durch die Partie zu kommen. Ein grober Abwehrfehler reichte da aus, um das Spiel bereits zur Hälfte zu entscheiden. Zu keinem Zeitpunkt der Partie hatte man irgendein Gefühl, diese Mannschaft könne wahrhaftig zu einem eigenen Torerfolg kommen.
Nun will es das Schicksal, das wir erneut auf einen Gegner treffen, der in miserabler Verfassung ist und zuletzt gar den Rostockern neue Hoffnung machte. Es besteht also eine gewisse Chance darauf, dass Borussias legendäre Auswärtstaktik aufgeht, den Gegner auf sein eigenes, grottiges Niveau herunterzuziehen und sich damit zu einem 0:0 zu erduseln.
Welche Aufstellung Dick Advocaat dabei wählt, ist mittlerweile schon eher sekundär. Vielleicht setzt er tatsächlich seine Überlegungen aus dem Training um und bringt Demo für den zuletzt schwachen Kluge und stärkt die Offensive der Außenbahnen durch einen Tausch Korzynietz für Fukal. Ob nun aber der chronisch auswärtsschwache Ulich oder der vermeintlich abwanderungswillige Broich spielen. Ob Sverkos oder Sonck. Ob Kluge oder Demo. Ändern wird dies vermutlich nicht viel. Und so werden sich am kommenden Samstag wieder Tausende Borussen-Fans früh morgens in die Züge und Autos begeben und gen Norden fahren. Wohlwissend, was auf sie zukommt, aber im stillen immer ein klein wenig auf eine Besserung hoffend. Man wird während des Spiels wieder alles für einen grandiosen Support der Elf vom Niederrhein geben, obwohl diese sich mit ihrem Spiel alles andere als Unterstützung verdient. Und am Ende wird man einmal mehr konsterniert erkennen müssen, dass es wieder genauso gekommen ist, wie immer bei einem Auswärtsspiel der Borussia.
Der Gegner aus Hannover:
Borussia kann sich glücklich schätzen, zumindest daheim im neuen Stadion eine akzeptable Bilanz vorweisen zu können. In Hannover hat sich nämlich - ähnlich wie dereinst auf Schalke - ein Arenafluch breitgemacht. Seit Fertigstellung der neuen AWD-Arena konnten die Niedersachsen dort noch nicht gewinnen. In den letzten fünf Heimpartien setzte es fünf Niederlagen. Am 13.11.2004 konnte man zuletzt beim 2:0 über Mainz 05 jubeln. Seitdem herrscht Tristesse beim Schlusslicht der aktuellen Rückrundentabelle, das aus den letzten 6 Partien einen einzigen Zähler beim 0:0 in Freiburg einstrich und dabei insgesamt ganze zwei Tore schoss. Zuletzt verlor man dreimal in Folge mit 0:1, was zu ersten "Lienen raus"-Rufen auf der Tribüne führte. Der Ex-Borusse war in der Hinrunde, als sein Team überraschend auf Platz 4 der Tabelle stürmte, gelobt worden für seinen sensationellen Wandel, den er angeblich durchgemacht hatte. Urplötzlich war er nicht mehr der verbissene "Zettel-Ewald", sondern ein moderner Fußballlehrer, der aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hatte. Wie sehr eine solche Wahrheit von der Subjektivität des Erfolgs abhängt, wird erst jetzt deutlich. Mittlerweile spielt sich in Hannover dasselbe Schema ab, das der Trainer Lienen bei all seinen Vereinen bislang durchlebt hat. Zu Beginn feiert er beachtliche Erfolge, ehe dann irgendwann die Erfolge ausbleiben. Durch seine knallharten Prinzipien rasselt Lienen automatisch mit einigen vermeintlichen Stars aneinander. Seine Vorliebe für osteuropäische Spieler, die mit der Endung "ic" enden, lebt er in Hannover durch Stürmer-Neuzugang Paunovic aus, den er gegen den Willen des Managers Kaenzig an die Leine lockte. Die eher destruktive Spielweise, für die Lienen steht, verschafft ihn bei den Fans keinen sonderlich guten Stand, so dass es nur eine Frage der Zeit sein wird, bis auch das Kapitel Hannover für den ehemaligen Linksaußen beendet ist.
Doch in so einer Situation gibt es für Lienen und seinen Klub keinen dankbareren Gegner als unsere Borussia. Am letzten Wochenende konnte beim unglücklichen 0:1 in Wolfsburg zumindest ein kleiner Aufwärtstrend beobachtet werden. Immerhin scheiterte man hier "nur noch" an der Abschlussschwäche des Sturms, bei dem mit Christiansen und Stendel die beiden torgefährlichsten Akteure ausfallen. Mit Silvio Schröter kehrt ein torgefährlicher Mittelfeldspieler zurück, der seine Rolle auf der rechten Seite sehr offensiv interpretiert und ab und an auch offiziell als Rechtsaußen eingeplant wird. An diesem Samstag wird er im Mittelfeld am dringendsten benötigt, da hier die Personaldecke extrem dünn geworden ist. Mit de Guzman und Lala sind die beiden Feldspieler mit den meisten Einsätzen in dieser Saison gelbgesperrt und fallen ebenso aus wie der angeschlagene Christian Dabrowski. Da stellt sich der Rest quasi von selbst auf. Zu beachten sind die verbleibenden Mittelfeldrecken insbesondere bei Standardsituationen. Nebojsa Krupnikovic hat uns bereits vor zwei Jahren einen Freistoß in den Winkel gezirkelt. Vinicius ist eher für die weiteren Entfernungen zuständig. Dies gilt nicht minder für Michael Tarnat, bei dem aber wegen einer Grippe noch ein Fragezeichen hinter der Einsatzfähigkeit steht. Sollte er ausfallen, wäre der 18jährige Halfar die Alternative. Was könnte es für einen Youngster Schöneres geben, als sich gegen unsere rechte Offensive (vermutlich mit Ulich und Fukal) auszeichnen zu dürfen?
Im linken Mittelfeld plant Lienen allen Ernstes das Comeback eines ewigen Talents, das beinahe schon völlig in der Versenkung verschwunden war. Vladimir But wurde beim letzten Heimsieg von Hannover gegen Mainz in der allerletzten Minute eingewechselt. Mehr als diese eine Minute durfte er diese Saison aber bislang noch nicht spielen.
Während die Defensive mit den konstanten Stützen Enke, Mertesacker, Cherundolo und Zuraw noch am ehesten als Stärke auszumachen ist, hakt es bei den Niedersachsen insbesondere im Sturm. Jiri Stajner versagte am letzten Wochenende dermaßen, dass er sich vermutlich aus der Startelf verschossen hat. Für ihn könnte ausgerechnet Veljko Paunovic stürmen, der bei seinen bisherigen fünf Auftritten noch nicht einmal ein Bäumlein ausgerissen hat. 0 Tore, 0 Assists, so die bisherige Quote des Lienen-Ziehsohns, der von seinem Coach aus gemeinsamen Tagen in Teneriffa trotz allem hochgeschätzt wird. An seiner Seite wird entweder Leandro eine weitere Chance erhalten oder aber der Tscheche Jiri Kaufman. Eine Abwehr mit Bundesliga-Format sollten aber all diese Stürmernamen nicht allzu sehr in Panik versetzen.
Schiedsrichter:
Markus Schmidt darf bei seinem dritten Erstligaeinsatz in Folge ein Spiel unserer Borussia pfeifen. Über das 0:6 in Berlin, bei dem der Stuttgarter einen ebenso ruhigen Nachmittag verlebte wie die meisten Borussen-Profis, hüllen wir besser den Mantel des Schweigens. Zuletzt war Schmidt beim 3:2-Sieg über Freiburg eingeteilt, wo er und seine Assistenten den Anschlusstreffer der Breisgauer zu Unrecht anerkannten, obwohl der Ball die Linie noch nicht vollständig überschritten hatte. Der damals zuständige Assistent wird Schmidt aber nicht nach Niedersachsen begleiten, da ihm ein vollständig neues Team zugeteilt wurde. Dieses umfasst mit Harry Ehing einen interessanten Mann, der früher als Assistent bei Herrn Fandel agierte und dort 2002 im Spiel gegen Stuttgart (1:1) für einen völlig überzogenen Platzverweis für Max Eberl zuständig war. 2003 wurde er dann kurzzeitig gar suspendiert, nachdem er beim Revierderby Schalke - Dortmund einige inakzeptable Entscheidungen von Fandel maßgeblich beeinflusste. So übersah er eine klare Tätlichkeit von Dede, die sich direkt vor seinen Augen abspielte und zeigte später eine Abseitsstellung bei einem regulären Treffer an, der das 3:2 für Schalke bedeutet hätte.
Auswärtsbilanz gegen Hannover - Ergebnisse aus Gladbacher Sicht
Spielzeit Erg. Spielzeit Erg. Spielzeit Erg.
65/66 1:2 77/78 - 89/90 -
66/67 1:1 78/79 - 90/91 -
67/68 1:1 79/80 - 91/92 -
68/69 3:2 80/81 - 92/93 -
69/70 0:1 81/82 - 93/94 -
70/71 1:1 82/83 - 94/95 -
71/72 0:2 83/84 - 95/96 -
72/73 2:1 84/85 - 96/97 -
73/74 2:0 85/86 3:2 97/98 -
74/75 - 86/87 - 98/99 -
75/76 3:3 87/88 4:2 99/00 3:2
76/77 - 88/89 1:0 00/01 0:0
01/02 -
02/03 2:2
03/04 0:2
7 - 6 - 4 27:24 Tore
Bilanz
Statistisch sieht es gut aus für Borussia. Optimisten können vorbringen, dass wir seit 1971 nur ein einziges Spiel in Hannover verloren haben. Pessimisten werden dagegen halten, dass diese Niederlage ausgerechnet beim letzten Aufeinandertreffen zustande kam. Und dass seit 1976 sowieso nur noch 7 Meisterschaftsspiele bei den Niedersachsen ausgetragen wurden. Im Pokal gab es 1997 zudem noch eine weitere Niederlage im damaligen Niedersachsenstadion, die - analog zum legendären Pokalendspiel 1992 - im Elfmeterschießen besiegelt wurde.
Nehmen wir die jüngere Vergangenheit zum Maßstab, so gab es in Liga 2 einen 3:2-Sieg und ein torloses Remis. Im ersten gemeinsamen Erstligajahr des neuen Jahrtausends sah Borussia lange Zeit wie der sichere Sieger aus und man feierte bereits den Klassenerhalt, ehe Jiri Stajner kurz vor Schluss die Freude seines zukünftigen Trainers durch das 2:2 trübte. Nun durfte Hannover feiern und Borussia musste das Jubeln um eine Woche verschieben. Insbesondere Thomas Christiansen war in der vorigen Saison für die ebenso bittere wie eindeutige 0:2-Niederlage unserer Elf verantwortlich, bei der Borussia einen ihrer mittlerweile berüchtigten Auswärtsauftritte ablieferte. Es war gleichzeitig das letzte Spiel des heutigen Hannover-Coachs auf der Borussen-Bank.
SEITENWAHL-Meinung
Michael Heinen: Wenn man Optimist ist, dann muss man für das Spiel am kommenden Samstag auf 0:0 zu tippen. Sollten die Niedersachsen an die Form der letzten Wochen anknüpfen, so wird es wohl ein erneutes Spiel "Not gegen Elend" geben, bei dem man sich am Ende fragt, was das überhaupt noch mit Fußball zu tun hat.
Joachim Schwerin:
Thomas Zocher: 1:1, also zwei Eier - somit schöne Ostertage!
Der Gegner im Internet:
http://www.hannover96.de
Michael Heinen
17.03.2005