Langsam nervt es wirklich
Kuscht Werder vor Micoud?
Erst die Affäre zwischen Johan Micoud und Fabian Ernst, nun die Sorgen um Kapitän Frank Baumann - Werder kommt nicht zur Ruhe. Fünf Tage nach der Affäre von Belek kam es zum vorläufigen Schlussstrich in diesem unappetitlichen Spektakel, das Werder Bremen vor dem Liga-Start beschäftigt hat. "Fabian bleibt in Bremen", erklärte Roger Wittmann, der Manager von Fabian Ernst, und beendete damit alle Spekulationen.
Sein Klient hatte sich intensiv mit dem Gedanken beschäftigt, den Meister vorzeitig zu verlassen. "Natürlich", so gab der Nationalspieler, der im Sommer ablösefrei zu Schalke 04 wechselt, zu Protokoll, "habe ich überlegt, ob Werder nach dieser Aktion für mich noch das Wichtigste ist."
Um eine Freigabe habe Ernst nicht gebeten, sagte Werders Sportdirektor Klaus Allofs, der in Vier-Augen-Gesprächen sowohl mit Ernst als auch mit Johan Micoud den "Schlagzeilen-Skandal" aus der Türkei am Dienstag erneut aufarbeiten musste. Doch Ernst habe "schon im Kopf gehabt", so Agent Wittmann, "wegzugehen". Nur ließ sich dieser Wunsch nicht realisieren, weil Schalke, der zukünftige Arbeitgeber, kein Interesse an einem vorzeitigen Kommen hatte, wie der kicker bereits berichtete (kicker vom 17.1.05, Seite 19).
Ernsts Verärgerung bezog sich auf das Nachtreten, das Mitspieler Micoud in der französischen Sportzeitung "L'équipe" verübt hatte. Obwohl sie mit den offiziellen Erklärungen vom Wochenende Stillschweigen vereinbart hatten, ging der Franzose in seiner Heimat nochmals auf den Vorfall ein. Seine Version: Auf den Kopfstoß habe Ernst "mit einem Faustschlag geantwortet und ich habe ihm eine zurückgegeben".
Also doch ein Handgemenge und eine handfeste Schlägerei, wie der kicker unter Berufung auf Augenzeugen immer berichtet hatte. "Wie ich gehört habe", so Werder- Chef Jürgen L. Born inzwischen, "haben beide ausgeholt, doch keiner hat getroffen." Ernst bestreitet weiter diese Beteiligung: "Ich habe Jo nur provoziert - mit den beiden Worten: Du weinst!" Die Micoud- Vorwürfe riefen die Ernst-Partei auf den Plan. "Eine neue Dimension, neue Würze", ereiferte sich Wittmann, der Werder anklagte: Micoud dürfe sich wohl alles erlauben. Für Ernst wie Micoud hatte der Klub Geldstrafen angekündigt. Verhängt wurden diese jedoch (bislang) nicht.
Schlichter Allofs wollte nicht den Kommissar spielen. Eine endgültige Aufklärung werde es wohl nie geben, sagte der Manager, der der Kritik, Micoud werde zu sehr geschützt, widersprach. Micoud, so Allofs, sei zwar ein wichtiger Spieler, "doch wenn Dinge geschehen, die wir nicht tolerieren können, dann spielt dies auch keine Rolle mehr". Dass sie vor Micoud kuschten, weist auch Born zurück: "Es stellen nun einige Parallelen zu Oliseh auf, doch in die Richtung lassen wir uns nicht treiben."
Thomas Schaaf nahm zu dem neuen Eklat keine Stellung: "Wir beschäftigen uns nur mit Schalke 04", sagte der Meistercoach. Der Kapitän hingegen empfahl eine Art "Waffenstillstand", Frank Baumann sagte wörtlich: "Klappe halten und arbeiten."
Und der Sportdirektor machte sich selbst so seine Gedanken zu der von einigen schon als "schlagende Verbindung" eingestuften Bremer Mannschaft: "Alle haben versagt. Die Elf war nicht in der Lage, die Probleme vernünftig zu lösen."