Schaaf: Mann des Jahres

kicker.de schrieb:
Der Lebens-Lauf ins Glück
Am Morgen eines jeden Spieltags schlüpft Thomas Schaaf (43) in seine Turnschuhe. Beim Joggen "kommen mir gute Ideen", erklärte Bremens Meistertrainer. kicker-Redakteur Hans-Günter Klemm hat ihn bei seinem Ritual begleitet.
kicker-Mann des Jahres: Meistermacher Thomas Schaaf und sein bestes Stück.
Mein Vorgesetzter hatte mich gewarnt: "Da kannst du doch nicht mithalten. Die laufen dir weg!" Diese obrigkeitliche Mahnung aus der Zentrale hatte mich nicht von meinem Vorhaben abgebracht. Mit dem Hinweis auf meinen präparierten körperlichen Allgemeinzustand gab ich dem Chef dezente Widerworte: "Ich bin fit. Das klappt schon."

Also nahm alles seinen Lauf, nachdem auch die Hauptfigur sein Okay gegeben hatte. Nach anfänglichem Zaudern fand Thomas Schaaf durchaus Gefallen an der Idee, als ich ihm eröffnete, nun müsse eine besondere Reportage über ihn erscheinen. "Ihr joggt doch am Morgen des Spieltags", fühlte ich sachte vor. "Darf ich mitmachen und darüber schreiben?" Ein Blick wie ein Fragezeichen. Schaaf schaute wie so oft. Mürrisch, beinahe entrüstet. "Mein Tempo - und nur eine halbe Stunde." Sein Gesichtsausdruck wandelte sich wie auf Knopfdruck. Aus seinen Augen blitzte der Schalk. Er hatte Spaß an der Sache gefunden. "Abgemacht."

Also startete der Lauf. In aller Herrgottsfrüh. Die Enten am großen Teich, der das Bremer Parkhotel umrahmt, hatten den Kopf noch in den Federn. Kein Vogelgezwitscher. Die Natur schlief noch. 7.30 Uhr am Morgen des Spiels Werder Bremen gegen Kaiserslautern. Treffpunkt: Mannschaftsquartier des Meisters.

Der Meister erscheint. Und grinst. "Moin, moin!" Hat er nicht geglaubt, dass ich pünktlich bin? Oder hat er gar vermutet, dass ich kneife? Wolfgang Rolff, sein Assistent und Laufkumpan, kommt. Los geht es.
Die kicker-Männer des Jahres"Keine Angst", sagt Schaaf. "Wir laufen locker." Sie nehmen mich in die Mitte. Weg vom Asphalt des Nobelhotels auf den Schotter des Bürgerparks. Solange ich noch Luft hätte, betone ich, würde ich fragen. Schaaf nickt, wobei ich diese Kopfbewegung schon jetzt als Äußerung von Mitgefühl interpretiere.

Pp.....hh. Noch ist der Atem ruhig. Die Frage nach der morgendlichen Leibesertüchtigung. Es sei schon ein Ritual. Am Spieltag drehten sie, so die Bremer Langstreckler, immer eine Runde. Dabei redeten sie auch über berufliche Dinge. Über Taktik? Über Personalentscheidungen? "Manchmal", antwortet Schaaf. "Oder ich frage den 'Wolle' einfach, wie er diesen oder jenen Spieler im Training gesehen hat."

Den heutigen Gesprächsstoff liefert Lautern. Schaaf: "Die haben Probleme." Rolff: "Sforza ist gar nicht mit." Schaaf: "Wiese und Mettomo fehlen, auch Amanatidis." Der Journalist in mir kommt durch: "Spielt Fahrenhorst?" Schaaf gibt zu verstehen, dies sei ein Geheimnis. Ob er dies nicht ausnahmsweise lüften könne? Nein, so weit geht die Liebe unter Lauffreunden doch nicht, "es bleibt ein Geheimnis".

Entspannung durch Laufen

Pp.....hh. Der Atem wird schon unruhiger. Warum er regelmäßig laufe? Schaaf schnauft kaum. So könne er vieles verarbeiten. So könne er viele Sachen abschütteln. Und er bestätigt, was in jedem Lehrbuch steht, dass Endorphine die Kreativität beflügeln: "Es kommen mir gute Ideen." Seine Art der Entspannung und der Stressverarbeitung, mit dem Nebeneffekt, körperlich fit zu bleiben. Schlank und rank wie nicht alle Kollegen. Was er denke, wenn er etwas beleibteren Amtsbrüdern begegnet? "Das muss jeder für sich entscheiden", sagt Schaaf. Er wolle da niemandem Vorschriften machen. Und ich denke in diesem Moment an Kurt Jara, einen etwas gemütlicheren Typen, der zu dieser Tageszeit gewiss nicht unterwegs ist, sondern wahrscheinlich im einen Kilometer Luftlinie entfernt gelegenen Gemach eines Nobelhotels schlummert.

Zum Thema
Vereinsinfo
SV Werder Bremen
Kader
SV Werder Bremen
Termine
SV Werder Bremen
Trainersteckbrief
Thomas Schaaf
Pp.....hh. Da wäre ich nun auch gern. Schießt es mir durch den Kopf. Der Atem wird unregelmäßiger. Laufen oder Fahrrad fahren? "Beides", sagt unser Meisterläufer, der die Radkomponente im Profifußball befürwortet. "Auf die Mischung kommt es an." So seine Empfehlung für den Freizeitsportler. Machen, was Spaß macht. "Hauptsache Bewegung."

Pp.....hh. Davon haben wir an diesem Morgen genug. Ich puste schon. Die nächste Frage schnell herausgequetscht: Erst das Double, dann Titel zuhauf, nun als "Mann des Jahres" vom kicker gekürt. "Wie, Mann des Jahres?" Rolff, nicht ganz eingeweiht in den Sinn des aktuellen Tuns, gratuliert spontan. Was sind Titel für Schaaf wert? Thomas Schaaf spricht wie immer. Er spricht nicht von sich, sondern betont das Wir-Gefühl. Der Team-Gedanke, die Gemeinschaft, Werder stehen für ihn an erster Stelle: "Es ist eine Anerkennung für die Arbeit, die wir geleistet haben."

Pp.....hh. Der Atem wird schneller. Der Puls jagt hoch. Schon über 130. Weiter. Auch für ihn persönlich muss es doch eine Bedeutung haben? "Natürlich, es ist eine Bestätigung für mich, dass ich gut gearbeitet habe. Dafür bin ich belohnt worden." Kurze Pause, dann setzt er fort, was meine Verschnaufpause vergrößert. Schaafs Bekenntnis: "Mir kommt es nicht so sehr auf Titel an. Ich will, dass die Zuschauer zufrieden nach Hause gehen. Was wir in der letzten Saison in Bremen angeschoben haben! Für die Menschen ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich will immer guten Fußball mit meiner Mannschaft bieten. Und wenn dann auch noch Titel oder Auszeichnungen dazukommen, umso besser."

Pp.....hh. Ich japse. "Geht's noch?" fragt der besorgte Nebenmann. Seit geraumer Zeit läuft Rolff, fit wie ein Turnschuh, sowieso knapp vorweg. Ich: "Ich laufe langsamer." Pp....hh. "Gewöhnlich." Also wird das Tempo reduziert. Leider spüre ich davon kaum etwas. Ob die Erfolge, bemühe ich mich, mich verständlich zu machen, nicht den Druck auf ihn erhöht hätten, gerade in dieser Saison? "Druck macht man sich selber", sagt Schaaf. "Natürlich bin auch ich besonders gefordert gewesen. Die Elf alle drei Tage wegen der neuen Belastung durch die Champions League hinzukriegen." Schließlich sei er für alles zuständig. Für das ganze Drumherum. "Als Trainer stehst du unter größerer psychischer Belastung als als Spieler." Und er denkt an die letzten Tage, die Anreise nach Valencia mit Hindernissen beim Flug und im Hotel. "Diese Störaktionen, da hört für mich der Spaß auf." Schaaf, der Perfektionist, kann verflucht grantig werden.

Auf dem Teppich geblieben

Pp.....hh. Ich verfluche innerlich die Idee zu dieser Reportage. Schon im anaeroben Bereich? Eine Wegbiegung. Schaaf: "Nun verlassen wir den Bürgerpark und laufen in den Stadtwald." Ich: "Was?" Pp.....hh. "Ihr seid doch wohl verrückt!" Mein Vorschlag, die beiden sollten vorlaufen, ich würde im Zockeltrab des Otto Normaljoggers folgen, wird verworfen. Schaaf empfiehlt die Abkürzung nach links. Die Finnbahn, beleuchtet. Am Ende, wo eine Straße die Laufbahn kreuze, würden wir uns treffen. So Gott will, dachte ich in diesem Moment.

Pp.....hh. Also solo, vor allem langsamer, Atem beruhigen, Kräfte sparen für die letzte Etappe. Hätte ich im Sizilien-Urlaub doch nur nicht so gesündigt. Weniger Antipasti, weniger Pasta. Meine Gleichung: Ein, zwei Kilo weniger Speck. Vielleicht hätte ich dann mitgehalten. Der Chefredakteur wird sich ins Fäustchen lachen.

Pp.....hh. Der Atem wird ruhiger. Die Beine schmerzen weniger. Eben mein Tempo, wie daheim. Doch wo ist die Straße? Dieser asphaltierte Weg kann es doch nicht sein. Oder?

Ich laufe weiter. Durch den dunstigen Morgen, durch das unbekannte Gewirr von Wegen. Nur die schimmernden Lichter als Anhaltspunkte. Es ist Gewissheit. Wir hätten uns längst treffen müssen. Verdammte Sch . . . Verlaufen.

Ein Blick auf die Hinweistafel. Der rote Punkt, weit weg vom Hotel. Orientierungslauf. Auch das noch. Andere Jogger begegnen mir. Sie weisen mir die Richtung. Wir wollten doch noch Fotos machen. Mist. Hoffentlich klappt es noch. Nie noch mal eine Story im Laufschritt.

Pp.....hh. Da taucht aus der Dämmerung die Rettung auf. Radfahrer. "Wo bleibst Du denn?" Thomas Schaaf als Suchtrupp mit Rolff unterwegs. Sie lachen. Ich auch. Rolff, ganz Kavalier, bietet mir sein Rad als Fortbewegungsmittel an. Ich lehnte natürlich ab. So ist er, der Schaaf. Ganz besorgt, ein Kumpel, ohne Allüren, auf dem Teppich der Realität und Normalität geblieben, nicht entrückt in enteilte Sphären der Gloriosität.

Pp.....hh. Der Atem ganz ruhig, allmählich. Wir gehen zum Stretching. Schaaf schaut auf seine Stoppuhr: "7,5 Kilometer in gut 39 Minuten." Ich denke für mich: Viel weniger war es durch das Kreuz und Quer bei mir auch nicht, nur acht Minuten länger. Immerhin.

Die, zumindest bei mir, matten Muskeln werden gedehnt. Was bedeutet Glück für Thomas Schaaf? "Gesundheit und schönes Zusammenleben mit der Familie." So seine persönliche Glücksformel. Dabei hat er so wenig Zeit für Frau Astrid und Tochter Valeska. Im Sommer fällt gemeinhin der Urlaub aus. Nur jetzt im Winter wedelt er in den Alpen. "Der Weihnachtsurlaub ist uns heilig."

Kein Freund der Extreme

Sind Sie ein Workaholic, Thomas Schaaf? "Ich werde meinen Job immer gut machen. Dass dabei Zeit für Privates auf der Strecke bleibt, ist schade. Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen." Sein Heil und Wohl definiert er, der Bauingenieur geworden wäre, hätte er sich nicht in der Ballbranche verdingt, über den Job. So sieht sein Lebens-Lauf ins Glück aus. Schaaf, der Malocher, mehr Arbeiter als Künstler oder Showman, ein Mann des Volkes geblieben.

Wir sind im Hotel-Foyer. Kaffee und Wasser nach der Qual, die für Schaaf eine Wohltat war. Er philosophiert über die Schnelllebigkeit im Berufsfußball. "Heute alles super, morgen alles mies." Es werde vieles hochgepuscht und dann niedergeschrieben. "Die Extreme stören mich." Er spricht über den schweren Stand seiner Zunft: "Auf uns Trainer gehen sie immer als Erstes los. Wir müssen als Gruppe stark sein." Ein diskreter Seitenhieb auf die Manager und Sportdirektoren. Und ein Hinweis auf seine malerische Umgebung: "Ich habe das Glück, mit Klaus Allofs einen perfekten Partner zu haben."

Wie lange noch das Traum-Duo, das für die "Wunder an der Weser" in der Neuzeit steht? Für immer Werder? "Solange sie mich haben wollen", so der Meistermacher. "solange ich mich wohlfühle." Andere Aufgaben? Noch fühle er sich hier wohl. Bayern München? Gar Schalke 04? Das Ausland? "Nicht mein Thema momentan", sagt der Aufsteiger der Gilde, dieser Sympathicus, der stets authentisch geblieben ist trotz der Dekoration mit dem ganzen Lametta der Orden und der gerade deshalb allerorten beliebt ist. "Doch ich schließe nichts aus."

Sagt es. Und geht zum Duschen. Thomas Schaaf zufrieden mit sich und der Welt, die erwacht ist. Draußen ist es inzwischen hell, die Enten beginnen zu quaken. Der letzte "echte" Arbeitstag in 2004, seinem großen Jahr, ist angebrochen.

Die Auszeichnung wundert mich gar nicht..... :spitze:
Er ist trotz seiner norddeutschen Trockenheit super smphatisch und macht einfach ne gute Figur....
Mir würde kein anderer einfallen, der diese "Auszeichnung" hätte bekommen soll...... :laola:

:klatsch: Thomas Schaaf :klatsch: Thomas Schaaf :klatsch: Thomas Schaaf :klatsch:
 
Wie schön! Es freut mich, dass unser Meistertrainer diese Auszeichnung bekommen hat, auch wenn er gar nicht sooo viel damit anfangen kann. :bussi:

Sympathisch isser, keine Frage. Hatte mal eine wirlich lustige Begegnung mit ihm, wir beide als Autofahrer unterwegs und ich erkannte ihn gar nicht als Thomas Schaaf - aber wir haben beide darüber gelacht. :spitze:
(Bitte keine Kommentare über Frauen hinterm Steuer! :zwinker3: )

*fDs* :lady:
 

Waschbaerbauch

Kapitän Team Franziskaner
freundinDERsonne schrieb:
Sympathisch isser, keine Frage. Hatte mal eine wirlich lustige Begegnung mit ihm, wir beide als Autofahrer unterwegs und ich erkannte ihn gar nicht als Thomas Schaaf - aber wir haben beide darüber gelacht. :spitze:

du meinst damals als du beim einparken seine hintere stoßstange abgerissen hast? :floet:
 
Nein, als ich ihm seine Vorfahrt nicht nehmen wollte, er aber scheinbar durch die in der Nähe liegenden Baustelle auch nicht weiter wusste. Er fuhr an und ich auch, er stoppte, so auch ich. Hin und her, hin und her. Schließlich gab ich Gas und hielt neben ihm an, um ihn anzugrinsen. Und erst da erkannte ich ihn. :lachtot:
 

Norben

Weltenbummler
Da hätte ich glatt Gas gegeben :zwinker3:

Er hats aber verdient , ist ein absolut sympathischer Typ , und vor allem auch viel zugänglicher als Otto.
Ich hatte beide mal im Zug , und von daher kann ichs für mich so beurteilen.
 

Norben

Weltenbummler
Klaro , bevor ich da noch stundenlang dumm rumsteh.
Abgesehen davon ist T.S doch bestimmt gut versichert mit seinem Firmenwagen :zwinker3:
 
freundinDERsonne schrieb:
Wie schön! Es freut mich, dass unser Meistertrainer diese Auszeichnung bekommen hat, auch wenn er gar nicht sooo viel damit anfangen kann. :bussi:

Sympathisch isser, keine Frage. Hatte mal eine wirlich lustige Begegnung mit ihm, wir beide als Autofahrer unterwegs und ich erkannte ihn gar nicht als Thomas Schaaf - aber wir haben beide darüber gelacht. :spitze:
(Bitte keine Kommentare über Frauen hinterm Steuer! :zwinker3: )

*fDs* :lady:
In Brinkum Downtown? :zahn:
 
Oben