Sergej Barbarez

01.03.2005:
Kicker

Sanfter Sergej, böser Barbarez

An ihm scheiden sich die Geister. Mal wird er gelobt, mal verteufelt. Wie beim 1:4 am Samstag in Berlin: Elfmeter verschossen, ein Tor geköpft. Hamburgs Sergej Barbarez (33) polarisiert. Und hat Seiten, die nur wenige Menschen kennen.

Das Bild von ihm ist längst gezeichnet. Sergej Barbarez weiß das. Er hat schließlich selbst daran mitgewirkt. Ein wenig unnahbar wirkt er darauf, abgezockt, herausfordernd. Dazu der flackernde Blick, den er mitunter auf dem Platz zeigt. Der Schiedsrichtern gelten kann, aber auch Mitspielern, wenn es nicht läuft wie er es sich vorstellt. Und dann sind da die Experten: Natürlich habe Barbarez unter dem Trainer Klaus Toppmöller gegen den Trainer Klaus Toppmöller gespielt. Das beweise allein die Brillanz, mit der er unter Thomas Doll auftrete - Barbarez, der Exzentriker als Bösewicht, als Falschspieler?

Das Thema schmeckt dem 33-jährigen Topscorer der Hamburger weit weniger als der Cappuccino vor ihm. Der freundliche Blick, den die Kellnerin wenige Sekunden zuvor bekommen hat, ist verschwunden. Barbarez benötigt für diese Wandlungen keine langen Anläufe, sondern gerade mal einen Wimpernschlag. "Das ist die größte Schande! Würde ich nur diesen Gedanken haben, gegen meinen Trainer, also gegen mich und meine Kameraden zu spielen, würde ich sofort aufhören. So was verbietet mir mein Stolz." Stopp. Barbarez bricht ab. Deshalb: "Ich muss aufpassen, dass ich nicht Sachen sage, für die ich eine Klage kriege."

Barbarez und der Stolz. Ein nicht unerheblicher Punkt bei der Suche nach den Gründen für den Wandel, nach Ursachen für die Leistungsexplosion seit dem Trainerwechsel. Unter Toppmöller war der Bosnier in der Vorsaison der Chef, in der laufenden sollte er die Kapitänsbinde bekommen, bekam aber Daniel van Buyten als Spielführer vorgesetzt. "Bitte nicht das alte Thema", fleht der Edeltechniker. War es verletzter Stolz, der ihn hemmte, der ihm sowohl das Geniale als auch das Aufbrausende nahm? "Ich bin schon sehr stolz. Es ist bei uns Bosniern ganz normal, besonders stolz zu sein."

Toppmöller sieht die Person Barbarez ähnlich. Was denkt der Ex-Coach, wenn er seinen einstigen Schützling heute vom Fernsehsessel aus zaubern sieht, während er ihn in seinen letzten Wochen beim HSV vom Trainerstuhl aus oft zaudern sah? "Absicht", versichert Toppmöller, "würde ich keinem unterstellen. Dazu ist Sergej auch viel zu sehr Fußballer - ein großartiger Fußballer, den ich schon zu meiner Zeit in Leverkusen im Visier hatte." Toppmöllers Erklärungsversuch mit einem Blick zurück: "Sergej war sicher nach dieser Geschichte irgendwo in seinem Stolz gekränkt." Fakt ist: Seit Doll ist Barbarez beim HSV wieder die dominante Figur, entscheidet Spiele über seine individuelle Klasse, führt die Mitspieler, ist um die Integration der ganz jungen bemüht. Im Winter-Trainingslager streifte er immer wieder mit Mustafa Kucukovic (18) und Besart Berisha (18), wie er ein Kriegsflüchtling, durch die Clubanlage. "Als ich ganz jung und neu in Deutschland war, hätte ich auch Hilfe von einem Alten gebraucht - deshalb kümmere ich mich um die Jungs."

Sergej Barbarez zeigt in diesen Monaten Qualitäten, die ihm seine Kritiker abgesprochen haben. Udo Lattek zum Beispiel, kurzzeitig sein Trainer bei Borussia Dortmund und jetzt Experte beim DSF. Über Lattek aber will Hamburgs Offensivstar nicht reden. Und über sein Image auch nicht mehr. "Früher", sagt Barbarez, "da wollte ich jeden auf der Straße überzeugen, aber das bringt nichts. Ich weiß, wie ich bin. Meine Familie weiß es. Und meine Kollegen auch. Das zählt, das reicht." Und dann noch eine Portion Trotz hinterher, die im Bild von Barbarez nicht fehlen darf: "Sollen die Leute doch denken, ich bin arrogant - dann habe ich meine Ruhe."

Genau die jedoch hat er eigentlich nie. Wenn sich der HSV wie zu Saisonbeginn im Sinkflug befindet, wird Barbarez als Erster zur Zielscheibe. Geht es nach oben, wird er schneller gefeiert als andere. Weil er das Sinnbild ist? Weil er für Fall und Aufstieg der Mannschaft steht? "Ich war nicht allein schlecht am Anfang. Und ich spiele auch nicht allein gut seit dem Trainerwechsel", sagt er. Aber eben deutlich verbessert, auffallend. Und genau das ist der Punkt bei Sergej Barbarez: er fällt auf. Auf dem Platz durch sein Können am Ball und seine Impulsivität und außerhalb allein schon durch seinen Modegeschmack. Er protzt nicht und zeigt doch, was er hat.

Sergej Barbarez hat sich sein schwarzes Cap tief ins Gesicht gezogen. Das sieht geheimnisvoll aus. Und doch wirkt er ausgeglichen, zufrieden, im Reinen mit sich. "Ich glaube, der liebe Gott, sieht es, wenn einer okay ist und belohnt ihn." Barbarez spricht zwar von Gott, mit der Religion aber hat er so seine Probleme. "Seit dem Bürgerkrieg in Jugoslawien ist die Sache für mich gegessen. Ein religiöser Krieg ist das Schlimmste, was es gibt. Ich habe das miterlebt und bin deshalb nach Deutschland geflüchtet. Ich habe gesehen, was los war - da ist es schwer, an Gott zu glauben."

Im Januar 1991 kam er aus Mostar nach Hannover. Die Verbindung in die Heimat, in der ihm die Fußballfans zu Füßen liegen, ist intensiv. Seit Jahren unterstützt er behinderte Kinder und Jugendliche in Bosnien, engagiert sich, nicht nur finanziell. "Ich habe das nie an die große Glocke gehängt", sagt der gelernte Elektrotechniker. "Ich finde das selbstverständlich. Ich verdiene viel Geld mit meinem Beruf. Es ist normal, dass ich etwas zurückgebe, dass ich Leuten und vor allem Kindern in der Heimat helfe, denen es schlechter geht als mir."

Jörg Neubauer ist der Berater vom Fußballer Barbarez und Freund vom Menschen Barbarez, kennt ihn seit 12 Jahren. Seine Charakterisierung: "Sergej ist ein offener und ehrlicher Typ. Wenn ihm was nicht passt, sagt er das immer ziemlich direkt. Wer mit ihm genauso umgeht, wird mit ihm nie Probleme bekommen." Reibungspunkte aber wird es immer geben.

Erst vor drei Wochen nach dem Auswärtssieg in Nürnberg, als der HSV in kollektiver Glückseligkeit taumelte, sorgte er für Verstimmung, direkt nach dem Spiel. Dass die Klubbosse erst vor Weihnachten vorgeprescht waren hinsichtlich einer Vertragsverlängerung bis 2007 und dann über Wochen nichts von sich hören ließen "finde ich schon enttäuschend". Überraschend fand Sportchef Dietmar Beiersdorfer diese plötzliche Wandlung, diese als Kritik am Vorstand gedeuteten Worte. Neubauer nicht. "Ich kenne Sergej schon so lange - ihm hat das halt zu lange gedauert, er wurde in dem Moment danach gefragt und hat geantwortet, was er gerade gedacht hat. Genau so ist er. Mich überrascht so etwas nicht an ihm."






Guter Artikel........... :spitze:
 
Steffen44 schrieb:
BLOSS NICHT !!!!! :eek:
Natürlich nicht... :mahnen:

Sogar ich als einer der größten Barbie Kritiker muss zugeben das er seit dem Rausschmiss Toppmöllers der absolute Leader und unverzichtbar für die Mannschaft ist... :spitze:

Kleine Anmerkung noch... ich warte auf den Tag seiner Vertragsverlängerung (aufstockung auf 2 Jahre) damit ich, sobald er wieder ins alte verhaltensmuster verfällt, lospoltern kann... :zwinker3:
Das gleiche gilt für unseren alternden Rockstar Paule peinlich :lachtot:
 
ScHLaFFeR schrieb:
Kleine Anmerkung noch... ich warte auf den Tag seiner Vertragsverlängerung (aufstockung auf 2 Jahre) damit ich, sobald er wieder ins alte verhaltensmuster verfällt, lospoltern kann... :zwinker3:
Das gleiche gilt für unseren alternden Rockstar Paule peinlich :lachtot:

Würde es so kommen,könnten die beiden Doppelkopf mit Mehdi und Picke spielen.............die sind ja auch "explodiert" nach den neuen Verträgen! :zwinker3:

Traurig aber wahr....... :floet:




Aber realistisch:paule und Babsie bekommen ein Jahr Vertragsverlängerung und sollen im Gegenzug abspecken......zumindest kommen sie wirklich nur auf ihre "alte" Kohle wenn ihre Einsätze und die Leistung der Mannschaft stimmen-------Risiko was man durchaus eingehen kann,gerade weil noch kein Ersatz für beide da ist.Trochowski kann ja nur eine Position übernehmen..........passt schon!
 
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