Kurz-de-Borussia
Dortmunder.
Stadionverbot statt Becherpfand...
erschienen: 21. März auf www.die-kirsche.com
Am vergangenen Samstag machte sich der Kirsche-Tross auf den Weg nach Hamburg – endlich wieder AOL-Arena, in der unsere Borussia seit 1997 nicht mehr verloren hat. Sportlich scheint das hübsche Stadion im Hamburger Volkspark also ein gutes Pflaster für die Schwarz-Gelben zu sein - abseits des Grüns müssen die Dortmunder jedoch immer wieder unfaire Niederlagen gegen die privaten Ordnungskräfte der Firma „Power“ durch reinste Willkür einstecken. Denn ihr Revier ist das Stadion, ihr Tempo ist mörderisch und ihre Gegner sicherlich Autoschieber, Mörder und Gästefans...
Hamburger Möchtegernsoldaten
Es war exakt die 57. Spielminute. Stefan Beinlich schoss soeben das sehenswerte 2:1 für den HSV, als drei Ordner den Block 14b betraten und mich aufforderten, unverzüglich den Block mit ihnen zu verlassen. Sichtlich irritiert von der Aufforderung leistete ich der Anweisung der Ordner Folge und wurde am Blockaufgang von fünf "Sicherheitskräften" verhört. Einer von ihnen warf mir vor, kurz nach dem Treffer einen Bierbecher geworfen zu haben. Er habe hinter mir gestanden und die Straftat genau verfolgen können, so der schwergewichtige Mann in gelber Jacke und mit Knopf im Ohr. Während ich die Herren nun also darauf aufmerksam machen wollte, dass zum besagten Zeitpunkt gar kein Bierbecher in meinem Besitz war, geschweige denn ich irgend etwas geworfen habe, versuchten zwei Fans, die hinter mir standen und den eigentlichen Übeltäter gesehen hatten, den Block zu verlassen, um mich mit ihrer Beobachtung zu entlasten. Zwei andere Ordner hinderten sie jedoch an ihrem Bestreben.
Zeitgleich nahm Ordner Nr. 67 meine Eintrittskarte an sich und verzierte sie mit dem Kürzel "HV" und setzte mich davon in Kenntnis, dass er mir soeben Hausverbot erteilt habe. Ich bat die Ordner doch wenigstens so fair zu sein, mit mir in den Block zu gehen, damit ich ihnen zeigen könne, dass nicht ich den Becher geworfen habe. Vergebliche Bemühung, denn noch ehe ich dies aussprechen konnte, zerrte mich ein Ordner grob die Treppe hinunter. Dort eilten vier Nachbarn zu mir, um zu bezeugen, dass ich keinen Becher besaß und die vorgeworfene Tat gar nicht begehen konnte! Die beiden Ordnungskräfte, die sichtlich Spaß daran hatten, mich wie einen Schwerverbrecher zu behandeln, ignorierten ihre Aussagen genauso, wie die Bitte, sich das Überwachungsvideo anzugucken.
An einer Aufklärung des Falls lag den Herren herzlich wenig. Ihr Ziel hatten sie eisern verfolgt und letzten Endes erreicht. Die letzte halbe Stunde des Spiels verbrachte ich vor dem Stadion am Eingangstor und schnappte gierig Emotionsschübe aus dem Borussen-Block auf, um wenigstens "irgendwie im Spiel" zu bleiben. Ganz in der Nähe des Sicherheitspersonals, das damit beschäftigt war, eine fröhliche Grimasse zu ziehen und auf den nächsten Einsatz gegen "das Böse" zu warten. Ganz großer Sport!
Die Macht der Security-Weste
Das war es also für mich? Hamburg 2005 endete in der 2. Halbzeit vorzeitig vor dem Stadiontor, ganz in der Nähe von Menschen, die innerhalb des Stadions für Ordnung sorgen sollen und dabei Unschuldige zum eigenen Machtbeweis bestrafen. Dem Gästefan ergeben sich dadurch keine großen Chancen, sich auch nur ansatzweise zu verteidigen. Die privat engagierten Ordnungskräfte haben zu keinem Zeitpunkt versucht, auf eine sachliche und freundliche (!) Art und Weise mit mir zu kommunizieren. Nicht ein einziges Mal hat man sich "meine Version" angehört, ganz zu schweigen von den Zeugenaussagen der Fans, die hinter mir standen. Welcher Ordner schenkt den Aussagen von "auswärtigen" Fußballfans schon Glauben?
Zu Gast in einem Land der Möchtegern-Soldaten
Der moderne Security-Service-Angestellte von heute besitzt mehr denn je die Macht des "Unantastbaren" und in dieser Rolle fühlt er sich auch sichtlich wohl. Seine Worte sind Gold wert und seine Taten, mögen sie für Unschuldige noch so schmerzhaft sein, nur Beweis seines Einsatzes für (seine Vorstellung von) Recht und Ordnung. Denn sobald sie Samstagmittag ihr gelbes Jäckchen mit der Aufschrift "Power GmbH - Security-Service" anziehen, überkommt sie das Gefühl eines höheren Status. Hier kann jeder "Pantoffelheld" einmal ganz groß herauskommen. Ausgestattet mit Walkie-Talkie, Sicherheitsweste, Lederhandschuhen und dem uneingeschränkt anwendbaren Hausrecht ziehen sie Woche für Woche in den Kampf gegen das vermeintlich Böse und gegen die abgrundtief schlechten - zumeist auswärtigen - Fußball-Fans. Da ist es bei der Einstellung nicht verwunderlich, dass überall in der Republik an jedem Spieltag Fans verschiedener Vereine als Menschen dritter Klasse angesehen und behandelt werden. Aus der Sicht eines Hammers besteht die Welt schließlich auch nur aus Nägeln. Solche Beispiele machen immer unverholener Schule und dienen inzwischen weithin als Gebrauchsanweisung!
In welch einem Land leben wir eigentlich, in dem Zeugenaussagen ignoriert werden und die Stimme eines einzelnen Ordners reicht, um friedfertige Menschen, die sich einfach nur ein Fußballspiel ansehen möchten, vor die Tür zu setzen zu können? Als "Ordnungskräfte" sollte diesen Menschen doch eigentlich etwas daran liegen, dass wahre (Straf-)Täter dingfest gemacht werden und alle Fans sich dem Spiel widmen können, für das sie ja angereist sind, oder?! Dass in Hamburg jedoch die Zeiten der Ordnung nur die Atempause der Fairness ist, habe ich am eigenen Leib erfahren müssen. Für eine Tat, die ich weder begehen konnte noch begangen habe, wurde ich wie ein Schwerverbrecher abgeführt und bestraft.
Damit das klar ist: Straftaten müssen auch im Stadion verfolgt werden. Doch dies darf nicht auf Kosten derjenigen erfolgen, die sich nichts zu Schulden haben kommen lassen und ihr Geld dafür ausgeben, sich ein Fußballspiel anzusehen anstatt von irgendwelchen Möchtegern-Soldaten in gelber Uniform schikaniert zu werden!
Und wenn man schon die falschen Leute anklagt, sollte man wenigstens den Hauch von Menschlichkeit, Vernunft und auch Ehrlichkeit besitzen, sich auch einmal eigene Fehler einzugestehen und rückgängig zu machen. Es wäre nur ein ebenso konsequenter Schritt in die richtige Richtung. Wie soll der Umgang zwischen Fans und Ordnungskräften besser werden, wenn in einer stupiden Art von Brutalität und Voreingenommenheit miteinander kommuniziert wird? Ich bin mir sicher, man könnte Probleme und vorgeworfene Straftaten, wie in meinem Fall, einfach lösen. Doch dazu bedarf es auch psychologisch geschulter Ordnungskräfte, die die Gästefans als Mitmenschen und nicht ohne jeden Anlass als offenbar gewaltbereite Hooligans abstempeln und nur oberflächlich mit ihnen kommunizieren.
Entscheidend ist nicht, ob man Macht hat, sondern entscheidend ist viel mehr, wie man mit ihr umgeht, liebe Feierabendscheriffs in Hamburg.
Christoff Strukamp / KURZ - 21.03.05
www.die-kirsche.com
erschienen: 21. März auf www.die-kirsche.com
Am vergangenen Samstag machte sich der Kirsche-Tross auf den Weg nach Hamburg – endlich wieder AOL-Arena, in der unsere Borussia seit 1997 nicht mehr verloren hat. Sportlich scheint das hübsche Stadion im Hamburger Volkspark also ein gutes Pflaster für die Schwarz-Gelben zu sein - abseits des Grüns müssen die Dortmunder jedoch immer wieder unfaire Niederlagen gegen die privaten Ordnungskräfte der Firma „Power“ durch reinste Willkür einstecken. Denn ihr Revier ist das Stadion, ihr Tempo ist mörderisch und ihre Gegner sicherlich Autoschieber, Mörder und Gästefans...
Hamburger Möchtegernsoldaten
Es war exakt die 57. Spielminute. Stefan Beinlich schoss soeben das sehenswerte 2:1 für den HSV, als drei Ordner den Block 14b betraten und mich aufforderten, unverzüglich den Block mit ihnen zu verlassen. Sichtlich irritiert von der Aufforderung leistete ich der Anweisung der Ordner Folge und wurde am Blockaufgang von fünf "Sicherheitskräften" verhört. Einer von ihnen warf mir vor, kurz nach dem Treffer einen Bierbecher geworfen zu haben. Er habe hinter mir gestanden und die Straftat genau verfolgen können, so der schwergewichtige Mann in gelber Jacke und mit Knopf im Ohr. Während ich die Herren nun also darauf aufmerksam machen wollte, dass zum besagten Zeitpunkt gar kein Bierbecher in meinem Besitz war, geschweige denn ich irgend etwas geworfen habe, versuchten zwei Fans, die hinter mir standen und den eigentlichen Übeltäter gesehen hatten, den Block zu verlassen, um mich mit ihrer Beobachtung zu entlasten. Zwei andere Ordner hinderten sie jedoch an ihrem Bestreben.
Zeitgleich nahm Ordner Nr. 67 meine Eintrittskarte an sich und verzierte sie mit dem Kürzel "HV" und setzte mich davon in Kenntnis, dass er mir soeben Hausverbot erteilt habe. Ich bat die Ordner doch wenigstens so fair zu sein, mit mir in den Block zu gehen, damit ich ihnen zeigen könne, dass nicht ich den Becher geworfen habe. Vergebliche Bemühung, denn noch ehe ich dies aussprechen konnte, zerrte mich ein Ordner grob die Treppe hinunter. Dort eilten vier Nachbarn zu mir, um zu bezeugen, dass ich keinen Becher besaß und die vorgeworfene Tat gar nicht begehen konnte! Die beiden Ordnungskräfte, die sichtlich Spaß daran hatten, mich wie einen Schwerverbrecher zu behandeln, ignorierten ihre Aussagen genauso, wie die Bitte, sich das Überwachungsvideo anzugucken.
An einer Aufklärung des Falls lag den Herren herzlich wenig. Ihr Ziel hatten sie eisern verfolgt und letzten Endes erreicht. Die letzte halbe Stunde des Spiels verbrachte ich vor dem Stadion am Eingangstor und schnappte gierig Emotionsschübe aus dem Borussen-Block auf, um wenigstens "irgendwie im Spiel" zu bleiben. Ganz in der Nähe des Sicherheitspersonals, das damit beschäftigt war, eine fröhliche Grimasse zu ziehen und auf den nächsten Einsatz gegen "das Böse" zu warten. Ganz großer Sport!
Die Macht der Security-Weste
Das war es also für mich? Hamburg 2005 endete in der 2. Halbzeit vorzeitig vor dem Stadiontor, ganz in der Nähe von Menschen, die innerhalb des Stadions für Ordnung sorgen sollen und dabei Unschuldige zum eigenen Machtbeweis bestrafen. Dem Gästefan ergeben sich dadurch keine großen Chancen, sich auch nur ansatzweise zu verteidigen. Die privat engagierten Ordnungskräfte haben zu keinem Zeitpunkt versucht, auf eine sachliche und freundliche (!) Art und Weise mit mir zu kommunizieren. Nicht ein einziges Mal hat man sich "meine Version" angehört, ganz zu schweigen von den Zeugenaussagen der Fans, die hinter mir standen. Welcher Ordner schenkt den Aussagen von "auswärtigen" Fußballfans schon Glauben?
Zu Gast in einem Land der Möchtegern-Soldaten
Der moderne Security-Service-Angestellte von heute besitzt mehr denn je die Macht des "Unantastbaren" und in dieser Rolle fühlt er sich auch sichtlich wohl. Seine Worte sind Gold wert und seine Taten, mögen sie für Unschuldige noch so schmerzhaft sein, nur Beweis seines Einsatzes für (seine Vorstellung von) Recht und Ordnung. Denn sobald sie Samstagmittag ihr gelbes Jäckchen mit der Aufschrift "Power GmbH - Security-Service" anziehen, überkommt sie das Gefühl eines höheren Status. Hier kann jeder "Pantoffelheld" einmal ganz groß herauskommen. Ausgestattet mit Walkie-Talkie, Sicherheitsweste, Lederhandschuhen und dem uneingeschränkt anwendbaren Hausrecht ziehen sie Woche für Woche in den Kampf gegen das vermeintlich Böse und gegen die abgrundtief schlechten - zumeist auswärtigen - Fußball-Fans. Da ist es bei der Einstellung nicht verwunderlich, dass überall in der Republik an jedem Spieltag Fans verschiedener Vereine als Menschen dritter Klasse angesehen und behandelt werden. Aus der Sicht eines Hammers besteht die Welt schließlich auch nur aus Nägeln. Solche Beispiele machen immer unverholener Schule und dienen inzwischen weithin als Gebrauchsanweisung!
In welch einem Land leben wir eigentlich, in dem Zeugenaussagen ignoriert werden und die Stimme eines einzelnen Ordners reicht, um friedfertige Menschen, die sich einfach nur ein Fußballspiel ansehen möchten, vor die Tür zu setzen zu können? Als "Ordnungskräfte" sollte diesen Menschen doch eigentlich etwas daran liegen, dass wahre (Straf-)Täter dingfest gemacht werden und alle Fans sich dem Spiel widmen können, für das sie ja angereist sind, oder?! Dass in Hamburg jedoch die Zeiten der Ordnung nur die Atempause der Fairness ist, habe ich am eigenen Leib erfahren müssen. Für eine Tat, die ich weder begehen konnte noch begangen habe, wurde ich wie ein Schwerverbrecher abgeführt und bestraft.
Damit das klar ist: Straftaten müssen auch im Stadion verfolgt werden. Doch dies darf nicht auf Kosten derjenigen erfolgen, die sich nichts zu Schulden haben kommen lassen und ihr Geld dafür ausgeben, sich ein Fußballspiel anzusehen anstatt von irgendwelchen Möchtegern-Soldaten in gelber Uniform schikaniert zu werden!
Und wenn man schon die falschen Leute anklagt, sollte man wenigstens den Hauch von Menschlichkeit, Vernunft und auch Ehrlichkeit besitzen, sich auch einmal eigene Fehler einzugestehen und rückgängig zu machen. Es wäre nur ein ebenso konsequenter Schritt in die richtige Richtung. Wie soll der Umgang zwischen Fans und Ordnungskräften besser werden, wenn in einer stupiden Art von Brutalität und Voreingenommenheit miteinander kommuniziert wird? Ich bin mir sicher, man könnte Probleme und vorgeworfene Straftaten, wie in meinem Fall, einfach lösen. Doch dazu bedarf es auch psychologisch geschulter Ordnungskräfte, die die Gästefans als Mitmenschen und nicht ohne jeden Anlass als offenbar gewaltbereite Hooligans abstempeln und nur oberflächlich mit ihnen kommunizieren.
Entscheidend ist nicht, ob man Macht hat, sondern entscheidend ist viel mehr, wie man mit ihr umgeht, liebe Feierabendscheriffs in Hamburg.
Christoff Strukamp / KURZ - 21.03.05
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