Gelsenkirchen (dpa) - Es sind noch 500 Tage bis zum Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft, doch die Planungen von Jürgen Klinsmann für das «Unternehmen Titelgewinn» treffen immer wieder auf Widerstand in der Bundesliga.
Nach der Absage der umstrittenen Amerika-Reise ist das vom Bundestrainer als Ausgleich geplante Trainingslager im Januar 2006 zum neuen Streitobjekt mit den Vereinstrainern geworden. Vor allem Bayern-Coach Felix Magath und Meister-Trainer Thomas Schaaf vom SV Werder Bremen missfällt der Lehrgang, der genau in die Vorbereitung auf die Bundesliga-Rückrunde der kommenden Saison fällt.
Doch Klinsmann will auf die getroffenen Vereinbarungen bestehen: «Das es hier und da andere Meinungen gibt, gehört zum Fußball. Aber für uns besteht die enorme Verpflichtung, einen Plan zu entwerfen, der uns optimal in die WM führt», erklärte der Bundestrainer. In punkto Lehrgang, der in der zweiten Januar-Woche 2006 irgendwo in Südeuropa stattfinden soll, beharrt der 40-Jährige auf getroffene Absprachen mit den Club-Managern: «Der Termin bleibt, so ist es abgesprochen.»
Die neue Nationalmannschafts-Führung traf sich vor dem Benefizspiel des DFB-Teams für die Flutopfer in Südasien erstmals zu einem Meinungsaustausch mit einem Teil der Bundesliga-Trainer. Magath, der aus terminlichen Gründen absagte, spricht offen von einem Interessenkonflikt zwischen Bundestrainer und Vereinscoaches. «Sie sind nicht unbedingt identisch», meinte Magath: «Ich befürchte, dass die Vereinstrainer unter der WM eher leiden.» Magath lehnt das geplante Trainingslager ab, auch Schaaf meldete öffentlich Bedenken an: «Im Januar unsere Nationalspieler für ein Trainingslager der Nationalelf abzustellen, halte ich für mehr als schwierig.»
Vereine wie Bayern und Bremen, welche die meisten Nationalspieler abstellen, wären von der Aktion besonders betroffen. Doch Klinsmann erinnert Magath und Schaaf an die Gegenleistung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB): «Das Kurz-Trainingslager kam zu Stande, weil wir im Sinne der Vereine auf die Mittel- und Südamerikareise verzichtet haben», erläuterte der Bundestrainer. Die Nationalspieler können nun Ende dieses Jahres noch einmal Urlaub machen und Kraft tanken für 2006. «Die Monate vor der WM werden heftig für die Nationalspieler, darauf wollen wir sie auch mit dem Lehrgang vorbereiten», erklärte Klinsmann.
Der Bundestrainer weiß, dass er auf die Unterstützung der Vereine angewiesen ist, die allerdings umgekehrt auch von der WM profitieren. Konflikte lägen in der Natur der Sache, meint Schalke-Manager Rudi Assauer. «Ich denke auch zuerst an den Verein Schalke 04 und dann an die Nationalmannschaft», sagte Assauer, der aber auch Verständnis für Klinsmann zeigt: «Eine vernünftige Vorbereitung der Nationalmannschaft für die WM ist natürlich auch sehr wichtig. Wir müssen darum Kompromisse finden.»
Weitere Konflikte sind spätestens in der WM-Saison programmiert. Dann will Klinsmann nicht mehr akzeptieren, dass Nationalspieler in ihren Vereinen häufiger auf der Ersatzbank sitzen, wie es derzeit bei Torhüter Jens Lehmann (Arsenal London) und Abwehrspieler Robert Huth (FC Chelsea) der Fall ist, aber auch bei Sebastian Deisler oder Bastian Schweinsteiger, die beim FC Bayern um Einsatzzeiten kämpfen müssen. Am Beispiel von Lehmann erläuterte Klinsmann seine Stammplatz-Forderung für WM-Kandidaten: «Wenn er eine Chance haben will, 2006 bei der WM zu spielen, muss er die Nummer 1 in seinem Club sein. Das gilt aber nicht nur für Torhüter. Im WM-Jahr müssen alle Spieler im Rhythmus sein.»