Auf dem Sprung zur neuen Nummer 1?
Marbella. Keiner ist gerne eine Nummer. Außer Torhütern. Und die bevorzugen dabei die Nr. 1. «Sind Sie das bei Borussia Mönchengladbach?» «Keine Ahnung. Für ein Spiel war ich es.» Beim 1:1 zum Ende der Rückrunde gegen Leverkusen. Michael Melka heißt der anderthalb-Stunden-Mann.
Und sein zweiter Name ist Misstrauen. Der Sprung zum Frontmann im Rückraum ist dem langen Blonden schon öfter misslungen - nicht immer aus nachvollziehbaren Gründen.
In der vergangenen Saison überragte er zwar den rund 1,80 m großen Konkurrenten. Doch gegen den damaligen Borussen-Kapitän besaß er keine Chance.
«Jörg Stiel war der Olli Kahn der Schweiz», grinst der Zwei-Meter-Riese. Als damals aber noch mit Leih-Opa Klaus Reitmaier ihm ein 39-Jähriger vor die Nase gesetzt wurde, verging ihm das Lachen.
Heute sieht er sich gereift. So sehr, dass er selbst dem anderthalb-jährigen Schatten-Dasein Positives abgewinnen kann. «Die meisten Guten haben bereits jung gespielt. Aber ein Jörg Butt auch erst spät. Wer weiß, wozu es gut war?!»
Er weiß es: «Heute konzentriere ich mich nur noch auf meine Aufgabe, auf das Spiel. Damals habe ich mich mehr damit beschäftigt, wer zu mir stand und wer nicht. Heute ist mir das egal.»
Ganz kleines Kino
Profi-Fußball ist auch schon mal ganz kleines Kino. Speziell wenn man auf den «Dritten Mann», aber nur als Nebenrolle, abonniert zu sein scheint. «Ich war ein Nichts, keiner hat mich ernst genommen als Nummer 3», erinnert sich der 26-Jährige. Das empfand er so «unter» Stiel und Reitmaier.
Aber auch vor Beginn dieser Saison im Trainingslager in Grassau als vermeintlicher Konkurrent von Darius Kampa und Sead Ramovic. «Haut ihm die Dinger rein. Das ist doch nur der Torhüter der Amateure», hat Holger Fach damals beim Torschusstraining gerufen.
Zwar sagt Melka «Schnee von gestern», doch ganz weg geschmolzen ist die Abteilung Schmach im Herzen noch nicht. Auch wenn er seit dem ersten Spiel statt Ramovic zur Nummer 2 avancierte.
Fach ist weg, und Melka plötzlich da. Und wieder da, wo er sich ein Jahr zuvor erneut Hoffnung auf den Durchbruch machte: im Trainingslager in Marbella. Damals richtete ihn Torwarttrainer Uwe Kamps auf. «Gib Gas. Es findet sich immer was Neues.»
Doch Melka blieb und sagt heute: «Das Warten hat sich gelohnt.» Für Kurzweil sorgten dabei die Einsätze in der Oberliga. Und so empfindet der Emporkömmling es wie einen Ritterschlag, wenn potentielle Nummer Einsen für Schlagzeilen sorgen.
«Wenn Jens Lehmann als Konkurrent gehandelt wird, spricht das doch für mich», grinst Melka. Ausgerechnet Lehmann: «Komischerweise schaue ich mir ihn am liebsten an.» Doch glauben an den Transfer seines Lieblings-Torhüters mag er nicht. «Das wäre so, als wenn ich zu Freialdenhoven wechseln würde.»
Doch die Spekulationen um die Nummer 1 und auch die Verlängerung seines auslaufenden Vertrages, «das schiebe ich alles weg». Eine Kärrner-Arbeit: Seine Medienarbeit hat Melka verfeinert, dank Stiel: «Von ihm habe ich gelernt, mehr auf die Leute zuzugehen.» Das käme auch seinem Trainer entgegen - auf dem Spielfeld.
Aus Marbella berichtet unser Redakteur Bernd Schneiders (05.01.2005 | 20:28 Uhr)