17.06.2005
„Wir wollen so weit wie möglich kommen“
Hallo Christian, wie läuft es denn so bei der Junioren-WM in den Niederlanden?
Christian Gentner: "Danke, ganz gut eigentlich. Sportlich sind wir im Soll, die Stimmung ist gut und wir fühlen uns hier sehr wohl. Gestern sind wir von Enschede nach Emmen weiter gezogen, wo unser letztes Gruppenspiel stattfinden wird. Insgesamt gibt es sicher keinen großen Grund zur Klage."
Aber einen kleinen oder was?
Christian Gentner: "Ja, ich bin leicht angeschlagen und konnte deshalb zuletzt nicht in vollem Umfang trainieren. Im Spiel gegen die USA habe ich einen Schlag aufs Knie abbekommen und nun ist eine alte Verletzung wieder leicht aufgebrochen. Aber ich bin zuversichtlich, dass es bis zum nächsten Spiel reichen wird."
Die ersten beiden Gruppenspiele sind von der Punktausbeute gut gelaufen. Nach dem 2:0 gegen Ägypten und dem 0:0 gegen die USA steht die U20 des DFB kurz vor dem Achtelfinaleinzug. Wie bewertest Du die ersten beiden WM-Partien?
Christian Gentner: "Von den Ergebnissen her können wir in der Tat nicht klagen. Trotzdem war es in beiden Partien nicht leicht. Sowohl Ägypten als auch die USA waren spielerisch sehr stark. Erst gegen Ende der Spiele waren wir überlegen, da wir physisch besser waren. Ich denke, dass dies im weiteren Verlauf des Turniers noch entscheidend sein kann."
Am Samstag geht es nun im letzten Gruppenspiel gegen Argentinien, einen der Turnier-Favoriten. Wie siehst Du Eure Chancen gegen die Gauchos, die etwas überraschend gegen die USA verloren haben?
Christian Gentner: "Das stimmt, die Niederlage kam in der Tat etwas überraschend. Aber die USA hat auch eine richtig gute Mannschaft. Es wird am Samstag für uns nicht leicht werden, aber wir wollen natürlich gewinnen, obwohl schon ein Unentschieden zum Weiterkommen reichen würde. Trotzdem müssen wir alles daran setzen, die drei Punkte zu holen. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass uns dies gelingt. Wir haben jetzt zweimal zu null gespielt und das wollen wir auch gegen Argentinien schaffen. Wenn uns das gelingt, ist es schon die halbe Miete."
Wie schwer wiegen die Ausfälle von Lukas Podolski, der mit der A-Nationalmannschaft beim Confed Cup spielt, und der verletzten Mario Gomez und Oliver Hampel, der sich im ersten Spiel gegen Ägypten einen Schien- und Wadenbeinbruch zugezogen hat?
Christian Gentner: "Das ist natürlich schon ein Handicap. Okay, dass Lukas Podolski nicht dabei sein wird, war klar. Aber gerade der Ausfall von Mario schmerzt natürlich. Er hätte uns sicher gut getan. Bisher haben wir ja auch erst zwei Tore erzielt, was eigentlich zu wenig ist. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir uns auch hier steigern. In der Abwehr haben sich die Ausfälle von Oliver Hampel und Lukas Sinkiewicz bislang zum Glück nicht bemerkbar gemacht. Unsere Defensive steht auch so gut, was sehr wichtig ist."
Was ist für den deutschen Nachwuchs in Holland noch drin und wer sind Deiner Meinung nach die Favoriten auf den Turniersieg?
Christian Gentner: "Wir wollen so weit wie möglich kommen. Dazu müssen wir jetzt gegen Argentinien punkten und in den K.O-Spielen kann dann immer alles passieren. Da braucht man auch mal das notwendige Glück oder die bessere Tagesform. Wir müssen schauen, dass wir uns kontinuierlich steigern und so vielleicht in einen Lauf spielen. Dann ist sicher viel drin. Was die Favoriten angeht, glaube ich, dass es mehrere sehr starke Teams gibt. Kolumbien hat bislang sehr gut gespielt, Holland ist stark und hat natürlich den Heimvorteil, aber ehrlich gesagt schätze ich im Moment Spanien als das stärkste Team ein."
Themawechsel: Kevin Kuranyi hat am vergangenen Wochenende seinen Abschied vom VfB bekannt gegeben. Sind die "jungen Wilden" auf dem Weg, Geschichte zu werden oder kommen neue Nachwuchskräfte aus den eigenen Reihen nach?
Christian Gentner: "Ich denke, dass es verkehrt ist, dieses Thema an einem Spieler festzumachen. Natürlich ist es schade, dass Kevin den VfB verlassen hat, weil er ein sehr guter Spieler ist. Aber deshalb fällt nicht gleich alles in sich zusammen. Es wird auch in Zukunft Talente geben, die den Sprung schaffen. Ich glaube zum Beispiel, dass Mario Gomez, wenn er wieder fit ist und dann gesund bleibt, einen ähnlich Weg gehen kann. Er hat in der vergangenen Saison 15mal in der Regionalliga getroffen und hatte dabei relativ wenig Einsatzzeit, da er oft auch schon oben mit dabei war. Man sollte jetzt nicht schwarz malen, nur weil sich ein Spieler aus den eigenen Reihen für einen Wechsel entschieden hat."
Der VfB ist derzeit auf der Suche nach einem neuen Chefcoach. Welche Gedanken machst Du Dir darüber, wer in der kommenden Saison bei den Profis auf der Bank sitzen wird?
Christian Gentner: "Um ehrlich zu sein, mache ich mir darüber keine großen Gedanken, da ich es ohnehin nicht beeinflussen kann. Klar informiere ich mich hier über den Stand der Dinge. Ich lese Zeitung, surfe täglich im Internet, so dass ich immer auf Ballhöhe bin. Aber ich kenne die Kandidaten, die im Gespräch sind, nicht persönlich und kann deshalb nicht einschätzen, wie es kommen wird."
Hast Du einen Wunschkandidaten für den Cheftrainerposten beim VfB?
Christian Gentner: "Vom Namen her nicht. Es wäre natürlich schön, wenn ein Trainer käme, der weiter auf die Jugend setzt und uns jungen Spielern eine Chance gibt. Das ist eigentlich das einzige, was ich mir wünschen würde."
Das heißt, Du hoffst, Deinem ersten Einsatz in der Bundesliga und einem Kurzauftritt im UEFA-Cup in der kommenden Spielzeit weitere folgen lassen zu können?
Christian Gentner: "Ja klar. Ich will einen weiteren Schritt nach vorne machen, mich über gute Leistungen in der Regionalliga für oben empfehlen, um dann die eine sich hoffentlich bietende Chance konsequent zu nutzen. Das habe ich mir vorgenommen und ich bin zuversichtlich, dass ich es schaffen werde."
Könnte es sein, dass Du beim Bestreben, den Schritt von den Amateuren zu den Profis zu schaffen, durch die Teilnahme an der Junioren-WM ins Hintertreffen geraten könntest, da Du beim Trainingsauftakt noch nicht dabei sein wirst?
Christian Gentner: "Nein, das glaube ich nicht. Klar werde ich etwas verspätet ins Training einsteigen. Aber ich spiele hier bei einer WM. Wer weiß, ob ich dass in meinem Leben noch einmal erleben werde. Dieses Turnier ist ein absolutes Highlight und es wird jeden Spieler, der dabei ist, nach vorne bringen. Hier spielen die besten Akteure der Welt in unserer Altersklasse und der Lernfaktor ist deshalb entsprechend groß."
Nach der Junioren-WM steht wahrscheinlich ein kurzer Urlaub an. Weißt Du schon wo es hingeht und wie lange Du auf Reisen gehen darfst? Schließlich starten die Profis schon am 27. Juni 2005 und die Amateure zwei Tage später in die Saisonvorbereitung.
Christian Gentner: "Im Moment weiß ich noch nicht wie es weitergeht. Das hängt sicher von unserem Abschneiden hier in Holland ab und auch davon, wer neuer Trainer wird und ob er mit mir bei den Profis im Trainingslager plant. Ich lasse das jetzt alles auf mich zukommen. Um ehrlich zu sein, hoffe ich, dass mein Urlaub eher knapp ausfällt, denn das würde bedeuten, dass wir hier lange mit im Turnier dabei sein werden. Und für ein paar freie Tage bleibt dann schon noch Zeit. Mal schauen, ob und wenn, ja wo ich dann hingehe, bevor es mit der Vorbereitung auf die neue Runde weitergeht."