Welt: Toppmöllers Ultimatum an sich selbst

Toppmöllers Ultimatum an sich selbst

"Noch zwei Niederlagen", sagt Hamburgs Trainer, "und ich bin gescheitert"

von Matthias Linnenbrügger

Leverkusen/Hamburg - Rosi Toppmöller hatte sich genau zwischen Mixedzone und Presseraum der "BayArena" postiert. Aufmerksam beobachtete sie, wie Bernd Hoffmann den Journalisten Rede und Antwort stand. Als der Vorstandsvorsitzende des Hamburger SV seinen Interviewmarathon nach dem 0:3 (0:1) bei Bayer Leverkusen beendet hatte, hielt sie ihn auf und gab ein kämpferisches Votum für ihren Mann ab: "Er kann die Tore doch nicht selbst schießen", sagte sie mit weit aufgerissenen Augen. Ihm sei daher nun wirklich keinen Vorwurf zu machen.


Die Verantwortlichen sehen das ebenso. Auch nach der fünften Niederlage im siebten Saisonspiel und dem Abrutschen auf Platz 17 stellten sich Hoffmann und Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer vor den Trainer. "Die Leistung der Mannschaft war aus unserer Sicht sehr ordentlich, und nach diesem Spiel erkenne ich keinen Anlaß, Klaus Toppmöller in Frage zu stellen. Es gibt keinen Grund, an ihm zu zweifeln, er hat unsere volle Rückendeckung", bekannte Hoffmann. Der 53 Jahre alte Trainer freute sich über diese Aussage. "Das war mal ein klares Bekenntnis." Endlich habe er die Gewißheit, weiter in Ruhe arbeiten zu können. Zudem sei auch den Spielern ein Alibi genommen. "Wenn es Tag für Tag nur darum geht, ob der Trainer seinen Job behält oder gehen muß, dann wirkt sich das vielleicht bei dem einen oder anderen auf die Leistung aus. Jetzt weiß jeder: Wir ziehen das gemeinsam durch."


Während Hoffmann und Beiersdorfer ("Wenn wir ihm nicht vertrauen würden, hätten wir andere Schritte eingeleitet") bemüht waren, den Trainer komplett aus der Schußlinie zu halten, überraschte Toppmöller am Sonntag, indem er sich selbst ein Ultimatum setzte: "Ich kenne die Mechanismen in diesem Geschäft. Wenn ich die nächsten zwei, drei Spiele verliere, dann bin ich in Hamburg gescheitert. Dann geht man aufeinander zu, gibt sich die Hand und sagt: "Tschüß, auf Wiedersehen!'"


Nach der zweiwöchigen Länderspielpause ist Aufsteiger Arminia Bielefeld in der AOL Arena zu Gast, anschließend muß der HSV bei Borussia Dortmund antreten, dann kommt der SC Freiburg in die Hansestadt. Mindestens sieben Punkte haben sich Vereinsführung und Toppmöller zum Ziel gesetzt. "Unsere Heimspiele müssen wir gewinnen, da gibt es keine Ausreden", betont der Trainer, während Hoffmann schon dem Gastspiel im Westfalenstadion entgegen blickt: "Unsere Auswärtsschwäche ist aus meiner Sicht das elementare Problem. Es wird höchste Zeit, diesen Bock umzustoßen."


Weshalb die Verantwortlichen darüber nachdenken, die Hilfe eines Sportpsychologen, eines sogenannten Mentaltrainers, in Anspruch zu nehmen. Toppmöller, der anfangs stets betont hatte, daß er das lieber allein mit den Spielern ausmache, unterstützt mittlerweile das Vorhaben: "Der psychologische Bereich war immer eines meiner Steckenpferde. Wenn man zu 100 Prozent professionell arbeiten will, gehört das heutzutage dazu."


Er selbst führe in den kommenden Tagen viele Einzelgespräche, denn: "Ich will wissen, was in meinen Jungs vorgeht." In blinden Aktionismus werde er indes nicht verfallen: "Ich bin kein Trainer, der für die Medien irgendeinen Firlefanz veranstaltet und damit die Spieler bloßstellt."


Außerdem wäre es der falsche Weg, "jetzt auf die Mannschaft einzudreschen". Statt dessen werde der HSV ehrliche Arbeit abliefern, "vor allem im Torabschluß. Denn da hat Rosi schon recht. Bei den Chancen hätte ich noch heute den einen oder anderen versenkt, mit absoluter Sicherheit."
 
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