Kleiner sg-Exegese-Kurs für Erwin
Neee, neee Erwin. So einfach kommst Du mir nicht davon. Schaun wir uns doch denn ach so heiter naiven Aufsatz mal einwenig in Ruhe an:
Schwatzgelbe Exegese für Anfänger – oder:
Wie mach ich mal ein bisschen auf gute Stimmung
Viel näher liegt derzeit der folgende Gedanke: Niemand in dieser Opposition hat auch nur die leiseste Idee, wie der Verein oder die KGaA zu retten sind. Dennoch werden nun die Geschütze gegen die Führung in Stellung gebracht, um sie zu beschädigen und bei der nächsten Wahl dazu zu bringen, nicht mehr anzutreten. Ob hier die Liebe zum Verein im Vordergrund steht oder doch nur die persönliche Eitelkeit und der Wunsch, ein öffentlichkeitswirksames Amt bei der renommierten Borussia zu bekleiden, bleibt vorerst unklar. Wenn die betreffenden Leute tatsächlich um die Existenz des BVB bangen, ist das Verharren in der Lauerposition jedoch die schlechteste Wahl.
Wenn man von innen wenig Erfreuliches zu berichten hat, dann wendet man sich halt zunächst dem bösen Außen zu. Das eigentliche Problem ist natürlich nicht, daß Niemeier den Verein ruiniert und dabei die Öffentlichkeit dauernd belogen haben, sondern daß die „Opposition“ so ein schwaches Bild abgibt.
Die Begrifflichkeit klingt übrigens sehr nach wohlbedachter Äquidistanz, die mir angesichts der vorliegenden Fakten etwas befremdlich scheint (gibt es doch eine Form vorgeblicher Neutralität, die sich bei genauerem Hinsehn als furzwarmer Opportunismus entpuppt).
Suggeriert wird: es geht bei denen, die die Amtsführung Niebaums kritisieren, um die persönliche Beschädigung Niebaums aus niedrigen persönlichen Motiven und nicht um die Interessen des Vereins. Der nicht ausgesprochene Schluß aus der Feststellung liegt selbst für fleissige sg_Leser auf der Hand: wem Arschlöcher aus schlimmen Motiven böses tun, dem sollte man wohl eher glauben. Die schülerzeitungsreifen Pseudoabwägungen („Ob hier die Liebe …“) können die Zielrichtung nicht kaschieren, eher im Gegenteil.
„Eine Schlammschlacht, wie sie seit geraumer Zeit in Dortmund abzulaufen scheint, schädigt einzig und allein das Ansehen des Vereins und verschreckt aktuelle wie potentielle zukünftige Sponsoren zugleich – ein Desaster für unsere finanziell gebeutelte Borussia. Warum also zeigen sich die Schattenmänner nicht der Öffentlichkeit, tragen ihre Konzepte vor und überzeugen uns von der schwatzgelben Redlichkeit ihrer Absichten und von ihren Vorstellungen für die Zukunft des BVB? Vorerst bleibt dies wohl ihr Geheimnis und wir müssen weiterhin tatenlos diesem unwürdigen Treiben zuschauen. So lange dieser Kampf aber wenigstens mit „echten“ Informationen geführt wird, ist diese Methode allenfalls feige und höchstens moralisch verwerflich.“
Das ist pfiffig! Potentielle Sponsoren werden nicht von einem bankrotten Verein mit marodem Spielerkader, einer zerstrittenen Fanszene und einem Lügenbaron an der Spitze abgeschreckt, nein! Es ist die Schlammschlacht, für die natürlich wieder die dunklen oppositionellen Mächten mit ihren Handlangern Röckenhaus und Hennecke verantwortlich sind.
Diese Schlammschlacht nur schädigt unsere Borussia, die ohne Kritik = ohne Schlammschlacht ein paradiesisches Dasein führen könnte. Wer denn durch sein ständiges Manipulieren der Fanszene sowie durch sein ständiges Leugnen salbungsvoll zuerst die Eimer mit Dreck gefüllt hat, das bleibt besser im Unscharfen.
Nach der erneuten Schülerzeitungseinlage folgt dann die Pointe: die moralische Aburteilung der Kritiker aufgrund eines in der Sache noch völlig unklaren Vorgangs. Dass die Kritiker zuvor ein ums andere Mal zunächst als Lügner beschimpft wurden, die vermeintlichen Lügen aber ein ums andere Mal hernach irgendwann kommentarlos als Fakten zur Kenntnis genommen werden mussten – war da was?
„Unterdessen betont Homm in der Sport Bild seinen Optimismus. Er rechne damit, dass die jetzige Geschäftsführung in einem halben Jahr den Turnaround schaffe und Borussia binnen zwei Jahren wieder schwarze Zahlen schreiben könne. Warum sollte er dann die Ablösung eben dieser Führung fordern? Das passt alles hinten und vorne nicht zusammen und als Fan treten einem bald die Tränen in die Augen, wenn man mit ansieht, welches Niveau die Diskussionen um den BVB mittlerweile erreicht haben“
Herrn Homm`s öffentliche Statements (seine Offen- und Ehrlichkeit ist notorisch) gleichzeitig als Beleg für die Kompetenz Niemeiers und als Assoziationspunkt für sinistre Motive der Kritiker zu gebrauchen, auch das hat was. Da kommen einem nun wirklich die Tränen…
„Man kann also wahrlich viel Kritik anbringen am Vorstand der Borussia und zumeist würde dies auch mit vollem Recht geschehen. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass es bei der ganzen Diskussion einzig und allein um das Wohl des BVB gehen sollte. Eine Schlammschlacht, wie sie zurzeit präsentiert wird, dient diesem aber wohl in keiner Weise. Und wenn mittlerweile selbst vor gefälschten Dokumenten nicht zurückgeschreckt würde, entwickelte sich die Situation in eine Richtung, bei der uns Fans zwangsläufig angst und bange werden muss.“
Jaja, xxx hat ja nun unbestreitbar viel Scheiße gebaut, aber Ordnung herrschte und die Autobahnen mussten auch nicht jede Woche ausgebessert werden. Und irgendwann müssen wir auch mal wieder an uns denken dürfen!
Das Einräumen von Fehlern entspricht mitunter nur einer rhetorischen Ausholbewegung für die Inbetriebnahme der moralischen Waschmaschine.
Bemerkenswert finde ich die übrigens gar nicht unterschwellige Identifikation des Schreibers/der Schreiber mit dem zunächst rhetorisch gerüffelten Niemeier, der wiederum – ungenannt – gleich wieder irgendwie mit dem Verein vermanscht wird.
Hauptsache ist: vor Niemeier muss uns nicht bange sein, sondern vor dessen Kritikern. Jawoll meine Herrn.
„Wer aber hat Interesse daran, gefälschte Papiere in Redaktionen zu faxen und sich damit strafbar zu machen? Soll Niebaum zermürbt werden? Will man ihm den Rücktritt so lange nachsagen, bis er ihn endlich wirklich vollzieht? Wer hat Interesse an einem sofortigen Sturz des Präsidenten? Eines steht fest: Sollte sich das Fax tatsächlich als Fälschung erweisen, wird es unter den Fans in Dortmund zwangsläufig zu einer Solidarisierung mit dem jetzigen Vorstand kommen. Daran aber kann oppositionellen Kräften eigentlich nicht gelegen sein.“
Tja, wer hat Interesse an solchen (in ihrer Substanz bislang nicht belegten) Schurkenstücken (die rechtliche Würdigung der Hypothese wird sicherheitshalber gleich mitgeliefert).
„Zwanzig Jahre Esotherik haben den Deutschen die Birne weichgekocht, jetzt sind sie reif für Verschwörungstheorien“.
Die dunklen Mächte walten. Die gesunde schwatzgelbe Reaktion kann nur die Solidarisierung mit dem Vorstand sein. Na klar, was auch sonst.
„Aufklären können uns nur die Journalisten-Kollegen vom Kicker und der SZ. Statt eine nach privater Abrechnung riechende Fehde gegen Niebaum zu führen, sollten Röckenhaus und Hennecke endlich alle Fakten auf den Tisch legen.“
Yep! Herr Röckenhaus, hallo, jetzt mal Butter bei die Fische!
150 Millionen Miese, der Nochnichtganzkonkurs, die geplante Machtübergabe an einen Börsenhai, die Legion der als solche bewiesenen Flunkereien Niemeiers, wer will da nachtragend sein.
Aber wenn´s privat wird – und das wird’s beim Amtsverständnis Niemeiers´ zwangsläufig immer und sofort - können wir böse werden.
Lasst den Onkel Gerd in Ruh.
Fakten, Fakten, Fakten meine Herrn.
Sonst: Abtreten
Nee, Erwin. Es braucht keine adrenalingeschwängerten Augen, um da eine unappetitliche Tendenz rauszulesen.
Was mich umtreibt: was ist denn Deine Tendenz?
Grüße
tt
